In Kambodscha

Seit HCMC sind gute 2 Wochen vergangen, reine Radfahrtage waren es aber nur 7 ^^.

Auf dem Weg zur vietnamesisch/kambodschanischen Grenze lagen noch die Tunnel von Cu Chi, die wir uns auch angeguckt haben. Aufgrund der Nähe zur südvietnamesischen Hauptstadt Saigon hatte diese Gegend strategische Bedeutung während des Vietnamkrieg und es fanden zahlreiche Kampfhandlungen zwischen Amerikanern und Vietnamesen statt. Mit dem Tunnelbau wurde schon 1948 begonnen (noch für Kämpfe gegen die Kolonialherren) und während des Vietnamkriegs wuchs das Tunnelsystem auf ca. 250 km an. Dazu gab es unterirdische Krankenstationen, Besprechungs- und Schlafräume und Küchen.
Ein Soldat hat uns und einem britischen Pärchen eine Führung über das Gelände gegeben. Als erstes stehen wir vor einem sehr kleinen Schacht. Max “Oh, ein Belüftungsloch”…
“This is the entrance to the Tunnels – who wants to go first? ” Ähhmm.. Max versucht es als Erster und es klappt sogar einigermaßen 🙂 Nach ihm versucht sich der Brite, etwas nachlässig nimmt er den Lochdeckel und verliert das Laub, das oben drauf lag. Soldat: “Oh you lost your camouflage, your dead…”

Weiter geht die Führung und je weiter wir gehen, umso klarer wird die Heftigkeit, Grausamkeit, Absolutheit aber auch Listigkeit, mit der hier gekämpft wurde.
Die Belüftungsanlagen für das Tunnelsystem wurden Termitenhügeln nachempfunden und sind kaum erkennbar. Der Soldat erklärt uns, dass die Amerikaner Spürhunde eingesetzt haben, um die Belüftungslöcher zu finden und dann wurde Wasser und/oder Gas eingeleitet..Also begannen die Vietnamesen, ihre Belüftungslöcher mit amerikanischen Dingen (Zigaretten, Seife, erbeutete Uniformen) zu bestreuseln oder einzureiben, so dass der Hund dachte “achso, hier wohnen Amerikaner” und nichts gesagt hat..

Die Amis bomben, vergasen, versprühen Agent Orange und fahren mit Panzern durch die Gegend, die Vietnamesen sind listig und angepasst und bauen alle Arten von Fallen und auch Minen, für die sie Bomben recyclen..Der Soldat zeigt uns eine Türfalle, ein mit Nägeln und Metallsplittern besetztes Holzgerüst, dass dem Eindringling von der Decke entgegenschwingt. Falls es noch eine Abwehrreaktion gibt, wird diese durch ein Gelenk am Holzgerüst unwirksam gemacht.. An Max und den Briten gewandt: “You want to try?”

Der Tunnelbau lief so ab, dass 2 Schächte (ca. 5 m tief) in 5-10 m Entfernung gegraben wurden und diese dann durch einen Tunnel verbunden wurden. Dabei wurde “auf Gehör” gegraben, so dass sich die beiden Tunnel dann verbinden können. Ein kräftiger Mann konnte ca. 2 m Tunnel/Tag graben..

Dann zeigt uns der Soldat noch spezielle Sandalen, die viele Cu Chi-Leute trugen. Die Sohle ist um 180° gedreht, so dass die Fußspuren in Gegenrichtung zeigen.. In der Gegend von Cu Chi haben 18 000 Menschen gelebt und gekämpft, nach Ende des Krieges sind nur noch 6000 am Leben..

Der Grenzübergang am Mittag des nächsten Tages ist (auf vietnamesischer Seite) mal wieder fragwürdig. Es gibt 4 Schalter, die meisten sind nicht besetzt und vor dem mittleren ist ein unordentlicher Menschenhaufen statt einer Schlange..Im Schalter stehen mehrere turmhohe Passstapel und ein Männchen stempelt vor sich hin…Vor dem Schalter steht noch ein Uniformierter, der Pässe entgegennimmt und dann ins Schalterhäusschen wirft. Er guckt unsere Pässe durch, gibt sie Max zurück und sagt “puh fai dolla insai” (also: stopf 5 Dollar in den Pass).. Ich glaub es hackt !!! Wir gehen erstmal wieder, gucken uns um.. ein anderer Uniformierter lächelt uns wissend an und zeigt auf eine lange Schlange ganz rechts.. OK, wir stellen uns an (gute 30 Minuten), aber so bekommen wir den Stempel ohne “Fai dolla”, dafür von einem ganz missgelaunten Heini (hatte wahrscheinlich schlechte Laune, weil er heute morgen den bargeldlosen Schalter gezogen hat…). Macht einfach einen total unprofessionellen Eindruck.. Auf der kambodschanischen Seite ist alles moderner, es ist nichts los (alle hängen ja in Vietnam fest) und anstandslos geht die Einreise von statten 🙂
Hinter der Grenze ist fliegt der Staub am Straßenrand und dicke Casinos reihen sich aneinander..erstmal Geld besorgen (Dollar und Riel werden hier wild durcheinander gemixt und man kann beides am Automaten ziehen), dann fahren wir die Hauptstraße entlang.. viel Verkehr und sehr heiß und die Landschaft ist absolut flach, wenn keine Häuser am Straßenrand stehen kann man meilenweit über verdorrte Reisfelder blicken, hin und wieder erhebt sich eine Palme gen Himmel..

Gegen Abend wollen wir dann campen und fahren mal auf so ein vertrocknetes Reisfeld, (Sichtschutz zur Straße gibt es nicht so wirklich..) aus einigen Hütten kommt sehr laute Musik, wir gehen immer weiter, bis wir eine einigermaßen ruhige Stelle gefunden haben und bauen das Zelt auf. Gerade wollen wir noch ein bisschen Brot (noch aus einem Supermarkt in HCMC) essen, da kommt eine Delegation von 2 Männern (1 alt, 1 jung) und 2 Frauen (2 mittelalt). Der Alte grüßt und sagt dann gleich “no camping”, “snakes” (ja sicher, deswegen latscht ihr hier im Dunkeln in Flipflops rum..), zeigt ein Foto auf seinem Phone (er in Polizeiuniform)..Ja super… Ich bin super angenervt, wollte schon seit 4 Uhr am liebsten nur noch schlafen und nun das.. Also bauen wir das Zelt und packen alles wieder zusammen, zwischendurch verlangt der Alte noch ein Foto von uns beiden zu machen.. Für die Akte oder den Privatgebrauch?? Nervig. Dann eskortieren sie uns durch einen Trampelpfad im Gebüsch, dahinter mehrere Häuser und im Garten des Polizisten schon ein kleiner Menschenauflauf. Kurz darauf kommt der nächste Polizist angefahren, er kann gut englisch sprechen, entschuldigt sich für die “Unannehmlichkeit” und erklärt, dass es gefährlich wäre hier zu campen, man könnte bestohlen werden.. hmm jaaa..dann kommen unsere Optionen: Guesthouse (noch ca. 10 km enfternt), oder “my office” (nicht so weit). Wir entscheiden uns für “my office” und folgen dem Polizisten auf seinem Roller. Im Dunkeln rumpeln wir kreuz und quer über kleine Staubfeldwege und dann noch ein Stück auf der normalen Straße, dann sind wir da. Eine Baustelle von Polizeistation, keines der Häuser hat eine Tür, oder Fenster, 2 Hunde und einige Hühner laufen rum. Hinter dem Haus ist aber ein guter Platz für unser Zelt 🙂 Unser Polizist fährt nochmal los und kauft Wasserfläschchen, dann unterhalten wir uns noch ein bisschen. Dann fährt noch ein Auto vor und zwei weitere Polizisten steigen aus. Wir grüßen freundlich, sie nicht, sie glupschen vornehmlich und wirken sehr unfreundlich. Zum Glück ist unser Englischpolizist (Piseth) ihr Boss und nicht anders herum… Der Alte, der uns aufgegabelt hatte, verlangt per Telefon noch unsere Pässe zu sehen, also gut. Dann gehen wir schlafen, die Nacht ist eher unruhig und von Hundegebell, Hahnengeschrei (ca. 3 Uhr) und ab 5 Uhr von Lautsprecher Kakophonie (Musik und Gelaber aus verschiedenen lauten Quellen) unterbrochen.

Das Polizeirevier

Unser Polizist ist auch schon wach, füttert die Hühner und wir machen uns abfahrbereit. Er hat uns noch zu sich nach Hause zum Frühstück eingeladen 🙂 Also geht’s dahin (5 min entfernt), auch hier Baustelle, das meiste Leben spielt sich einfach draußen unter einem Dach ab, Hunde, Katzen, Hühner, Enten, alles läuft durcheinander.. Es gibt Reis mit kleinen frittierten Fischen zum Frühstück und Piseth pflückt uns noch eigenhändig 2 Kokosnüsse vom Baum und macht sie uns trink-klar. Lecker! Die Familienmitglieder kommen nach und nach vorbei und grüßen mehr oder weniger motiviert, und natürlich machen wir noch ein Gruppenfoto 🙂

Max mit Piseth und Family vor dem Neubau

Danach fahren wir noch in ein “Café” (also ein einfacher Laden, in dem es Kaffee gibt, Tee natürlich für Max), und seine beiden Söhne (3&6 Jahre) teilen sich einen Kaffee 😀 (innerlich quellen mir kurz die deutschen Augen über, dann muss ich darüber grinsen). Wir wollen sie gerne einladen, aber Piseth winkt ab, bezahlt und sagt “today is your lucky day” 🙂
Hach, das war mal wieder eine schöne Erfahrung!

Unser Radfahren die nächsten Tage ist nur zielorientiert (nicht: der Weg ist das Ziel). Kambodscha ist nicht so groß und bis nach Siem Reap sind es ab der Grenze nur 420 km. Das Land ähnelt Laos, die Versorgungslage ist aber besser^^ Die “Eingänge” zu Abzweigungen auf Nebenstraßen sind oft sehr kunstvoll verziert, die Gegend ist absolut flach und wir sehen (trotz Trockenzeit) einige Teiche und Tümpel mit Lotusblumen.

Unsere Fahr-Einstellung hat sich gewandelt, was mit daran liegt, dass unsere Reise sich so langsam dem Ende zuneigt. Es ist mega heiß jeden Tag und in den Mittagsstunden legen wir uns meist in den Schatten.. Das Radfahren macht im Moment keinen Spaß, ist einfach Mittel zum Zweck des Forwärtskommens.. An einem der Tage sind wir nur mit Frühstück und einem Pausenkaffee/smoothie 75 km gefahren.. etwas tatterig haben wir uns dann auch den Mittags-Reis reingeschaufelt ^^ Nach unserer ersten Camping-Erfahrung suchen wir uns nun abends Gasthäuser bzw. planen die Tagesroute danach.

In Kampong Cham haben wir einen Ruhetag eingelegt und einen Tempel etwas außerhalb der Stadt besucht:

Als wir in Kampong Cham am Mekong rumgesessen haben, kam ein TukTuk-Fahrer zu uns (wollte uns als Kunden gewinnen, da sind wir natürlich nicht die richtigen ^^) und erzählt uns daraufhin ein bisschen aus seinem Leben. Unter anderem berichtet er auch, dass der Reispreis sehr niedrig ist und daher viele Bauern sehr arm und dass es jede Menge Menschenhandel nach China, Vietnam und Thailand gibt. Die Regierung tut nichts dagegen..Er fügt auch gleich hinzu, dass er uns das ja erzählen kann, aber dass Leute in Kambodscha für die falsche Meinung umgebracht werden…Unser Polizist hat ähnliches zu uns gesagt. Er erwähnte, dass er die Kasinos an der Grenze zu Vietnam nicht gut findet, da zu viele Leute ihr Geld im Glücksspiel verlieren, aber das könnte er auch nicht “öffentlich” sagen, gilt schon als regierungskritisch..

 

So sind wir 5 Radfahrtage später in Siem Reap, eine Touristadt ganz in der Nähe der großen Tempelanlagen um Angkor Wat. Unser Guesthouse hier ist sehr gemütlich und heute sind wir schon den 6. Tag hier 🙂 An drei Tagen haben wir morgens bis mittags die Tempel besichtigt (sehr schön, auch wenn einem ständig irgendwelche Touristen ins Bild töffeln). Hier nur ein paar Bilder, hier könnten wir sooo viele Fotos hinspammen 😉 Die Tempelanlagen um Angkor sind wirklich riesig. An unserem 2. Besichtigungstag fahren wir gute 30 km innerhalb der Anlage, viele Tempel stehen im Wald (schön schattig), andere wieder auf freier Fläche (Sonnenstich). Gebaut wurden die meisten Tempel im 12. Jhd, die religiöse Ausrichtung wandelte sich von hinduistisch zu buddhistisch. Irgendwann im Laufe der Zeit wurden die Tempel vergessen und der Wald übernahm das Zepter 🙂 Westliche Historiker, die zu Beginn der Kolonialisierung (Ende 19. Jhd.) die Tempelanlagen besichtigten, datierten ihren Ursprung kurzerhand in die Antike, konnten doch diese Untermenschen eine solche Anlage unmöglich gebaut haben…
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Dann haben wir noch ein Minenräumungscenter (APOPO visitor center) besucht. Auch Kambodscha wurde im Rahmen des Vietnamkriegs bebombt und diese und auch Minenüberreste von Grenzstreitigkeiten mit Thailand liegen nun noch unter der Erde. Die APOPO Organisation setzt spezielle Ratten aus Tansania ein, die Sprengstoff erschnüffeln können. Eine Ratte sucht eine bestimmte Fläche 5 mal schneller, effizienter und sicherer ab, als ein Mensch mit Metalldetektor. Zudem sind die Ratten leicht (bis 1.5 kg) und können so die Sprengkörper selber nicht auslösen. Hat die Ratte etwas erschnüffelt, fängt sie an zu graben und bekommt eine Belohnung (Erdnüsse oder Bananen). Hier ein paar Fotos und ein Demonstrationsvideo 🙂

In Siem Reap haben wir auch noch Thorve (ihn haben wir in Tblisi vor der chinesischen Botschaft kennengelernt und ihn zuletzt in Aserbaidschan gesehen) wieder getroffen, das war sehr schön natürlich 🙂

Mit unserer Guesthouse-Besitzerin haben wir eine kleine Mampftour gemacht, und das erste Mal verschiedene Insekten gefuttert (Wasserkäfer (hm naja, etwas muffig); Seidenwürmchen (buh, weich und glibbelig mit Soße von innen); verschiedene kleine Grillen (ganz lecker, crispy) und Babyfrösche (komplett crispy, ein guter Snack))..

Ansonsten ist bei Max und mir “Endzeitstimmung”, wie lange bleiben wir in Thailand, lohnt es sich, das 30 Tage Visum nochmal zu verlängern? In Kambodscha sind wir wohl noch 4 Tage unterwegs bis zur Grenze..Wir wollen auch kaum noch Fahrrad fahren, sondern eher irgendwo rumliegen 😀 Es ist so heiß, das ist mir vor allem an den Pausentagen aufgefallen.. Man macht ja gar nichts und schwitzt vor sich hin..

Noch ein kleines Update (auch dieser Blogeintrag brauchte seine Zeit aufgrund technischer Nervigkeiten^^): Rückflug ist nun gebucht. Im April geht es von Bangkok nach Zürich und dann geht die Radtour noch ein bisschen weiter 🙂 Nun sind wir in Battambang und gehen gleich noch zu einem Kochkurs.

Eine Meldung aus Thailand gibt es bestimmt noch und dann ist ein Jahr schon um .. crazy 🙂 Bis bald!

5 Replies to “In Kambodscha”

  1. Tolle Fotos und coole Geschichten! Ich finde ihr habt euch ein paar Wochen chillen verdient! Genießt die letzen Wochen….oder sind es jetzt nur noch Tage? Ich freue mich euch bald gesund und munter wiederzusehen!
    Liebe Grüße Ina!

  2. Danke für eure lieben Kommentare 😊 Es sind jetzt noch ca. 2 Wochen bis Abflug und wir fahren nun nach einiger Chillzeit auf Koh Mak wieder weiter.. bis ganz bald, live und in Farbe 🤗

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