Auf nach Kirgistan

Huuii, der letzte Eintrag ist ja schon einige Zeit her.. Seitdem sind wir durch nach Taschkent in Usbekistan gefahren, haben ein kleines Stück Kasachstan durchquert und sind innerhalb Kirgistans mit 2 3000m Pässen bis zur Hauptstadt Bischkek gefahren (von hier aus die Meldung). Aber der Reihe nach 😉

Das leichte Angenervt-Sein von Usbekistan und seinen Straßenverhältnissen hält an. Mit ordentlich Gegenwind strampeln wir aus Samarkand hinaus. Später geht es bergab und die Fahrt wird einfacher. Eine Family im Auto hält uns an, um mit uns ein Foto zu machen und zeigt uns stolz ein weiteres Foto mit einem Radler, dass sie letztes Jahr aufgenommen haben “Tradition, Tradition” ^^. Nachdem sie unsere Route erfragt haben, übernimmt der Familienvater unsere Routenplanung. Nein nein, wir sollen nicht nach Kasachstan, sondern weiter in Usbekistan bleiben, dann nach Kirgistan fahren, dann nach Kasachstan und dann nach China.. “Ja klar, so machen wirˋs :D”.. Abends zelten wir ruhig gelegen an einer Apfelplantage.

Die nächsten Tage stehen unter dem Motto “voran kommen”. Auf der Strecke nach Tashkent haben wir es auch ein paar mal mit betrunkenen Typen zu tun, wo bei mir dann gar keine Kommunkationsgelüste vorhanden sind. Auf der anderen Seite bekommen wir von einem Melonen-LKW-Mann eine riesige Galia/Honigmelone geschenkt und am gleichen Tag in einem Mini-Markt die Zwiebeln, die wir kaufen wollten. Die Frau guckt uns ein bisschen verzweifelt/lachend an “Fsjo??” (“nur die Zwiebeln??”) – “jaa :)”, Geste: hier, nimm, das brauche ich nicht zu kassieren ;D. Danke 🙂 Als wir bei den Rädern stehen und gerade losfahren wollen, kommt sie aus dem Laden und gibt uns noch jeweils eine kleine kalte Cola 🙂 Hmm lecker!!!

Noch sind wir nach alter Manier immer recht früh morgens unterwegs. Wenn wir so gegen 7 an den zahlreichen Straßenständen vorbei fahren, sieht man die Verkäufer auf einem Bett direkt hinter dem Stand schlafen..ganz schön krass. Es ist für uns auch schon normal, Kinder (vll. 7+ J.) als Schafshirten, Kuhhirten oder Eselskarrenfahrer zu sehen. Nach 3,5 Tagen erreichen wir Taschkent, flächenmäßig riesig, super viel Verkehr, aber trotzdem irgendwie ein großes Dorf. Am nachmittag machen wir uns mit den Rädern auf ins Stadtzentrum (sehr anstrengend zu fahren, riesige Straßen mit unüberwindbaren Mittelstreifenbauten), schauen uns den Basar an und dann gehen wir noch was essen und zwar NUDELN in einem fast-italienischen Restaurant ^^

Weiter gehtˋs, raus aus Tashkent, die letzten Sum verbraten und auf zur Grenze, wieder nach Kasachstan. Hier werden wir wieder flott durchs Tor gelassen, sobald der Grenzsoldat uns sieht. Pass-Kontrolle, und wir müssen unsere Registrierungszettelchen vorlegen, wobei der Beamte wohl mit der Anzahl zufrieden ist und sich nur einen Zettel überhaupt näher anguckt. Zickzack sind wir dann auch schon in Kasachstan, wieder ein guter Grenzübergang.. Zusammen mit uns sind noch ein Haufen Solar-E-Bike Radler aus Frankreich, die mit einem der Grenzbeamten sogar ein Selfie machen sollen (da können wir nicht mithalten ;D).
Ach wie schön ist Kasachstan 😉 Ich freue mich richtig. Die Läden haben wieder mehr Auswahl zu bieten, es stehen die Preise an den Artikeln und endlich können wir Geld wieder ganz einfach fernab von Banköffnungszeiten am Automaten abheben, ohne Vorlage eines Passes! Auch öffentliche Mülleimer muss man nicht mehr vergeblich suchen.. Später am Tag beginnt allerdings wieder der kasachische Gegenwind und es wird steppig. Nach 65 km finden wir hinter einem Dorf auf einer weitläufigen Weidelandschaft unseren Zeltplatz.

Nächster Zwischenstopp ist Schumkent. Hier kauft sich Max neue Kopfhörer und bekommt 5 SIM Karten inklusive Guthaben (3 mal 10 GB :D) dazu geschenkt. Coole Sache!! Dann suchen wir uns ein schickes Café mit echtem Kaffee. Der Besitzer ist ganz begeistert uns zu sehen, war selber vor kurzem auf Europa-Reise und zeigt uns stolz Macchiato-Schokolade (“chocolate with macchiato!!!”), die er in Frankfurt gekauft hat :D. Er spricht gut englisch, und so ist ein nicht nur rudimentäres Gespräch möglich. Am Ende machen wir noch einige Fotos vor und in seinem Café und unsere Getränke und Donuts gehen aufs Haus. Bombig :). Wir fahren dann weiter, wieder raus aus der fast-Millionenstadt, kapitulieren irgendwann vor dem immer stärker werdenden Gegenwind und zelten auf einem Acker.

Am nächsten Morgen kommt noch ein Hirte vorbei, grüßt freundlich und wir fahren weiter. Die Landschaft ist schön, der Wind ist weg. An einer Tanke decken wir uns mit Süßkram ein und bekommen schon wieder 😛 Cola geschenkt. Vor einem Mini-Markt am frühen Abend versammelt sich ein Grüppchen Männer um uns herum, sie feiern eine Hochzeit, sind schon ordentlich angetrunken. Der Älteste drängt Max 2 Wodka auf, die mit Cola runtergespült werden sollen, dabei erklärt er mir, dass Alkohol nüscht für Frauen ist. Jaja. Dann rufen sie begeistert “Selfie, Selfie” und stellen sich in Position. Ich nutze die Gelegenheit und mache ein Foto für unsere Archive und dann sind alle zufrieden, keiner bemerkt, dass das “selfie” nun mit uns davon fährt..Abends finden wir einen nahezu malerischen Zeltplatz in einer Flussbiegung so richtig mit grüner Wiese 🙂

Am nächsten Morgen habe ich mal wieder einen Platten.. mittlweile haben wir aufgehört zu zählen. Einmal hatten Max und ich am selben Tag je einen Platten im Vorderreifen, die Mäntel sind nun nicht mehr so haltbar wie noch am Anfang..Heute steuern wir einen See an und fahren dafür auch einen kleinen Umweg. Auf der einen Seite ist allerdings militärisches Sperrgebiet, so dass wir unsere Mittagspause dann doch in einem kleinen Hain statt am/im See zu verbringen. Unsere Wasserplanung war auch ein bisschen geizig, so dass das geplante Nudelkochen dann ausfällt. Gegen 16 Uhr fahren wir weiter, umrunden den See (krasser Gegenwind, aber wir fahren zum Glück ein Stück entgegen der eigentlichen Fahrtrichtung). Danach geht es leicht bergab und wir haben kräftigen Rückenwind, sodass wir spontan beschließen, heute gleich schon bis nach Taras (letzte Station vor Kirgistan) zu fahren. Ab in ein Hostel, in dem wir die einzigen Gäste sind.

Am nächsten Morgen fahren wir dann ca. 16 km zur kirgisischen Grenze. Es wird direkt bergig und Wolken ziehen auf. Der Grenzübergang ist wieder easy, der kasachische Beamte wirft einen oberflächlisten Blick in einer unserer Taschen und ab geht´s. “Welcome to Kirgistan” :). Im nächsten Dorf gibt es gleich einen Mini-Markt mit Kneipe und ATM innendrin, perfekt. Mit den Monopoly-Soms ausgerüstet reist es sich gleich entspannter 🙂 In der Mittagspause kochen wir dann endlich unsere Nudeln und bekommen nach langer Zeit mal wieder Gesellschaft eines netten Hundes. Später geht die Fahrt bergauf um einen See herum, die Landschaft hat sich total verändert und wir fahren staunend und happy die Straße entlang. Abends schlagen wir das Zelt an einer kleinen Sandpiste auf. Entspannt, ohne großes Tamtam. Max verschwindet sofort im Zelt, ich tüdel noch ein bisschen rum und folge dann. Die Regenplane ist aufgesetzt, wir lassen wie immer Belüftungsschlitze.. Es wird windig und die Plane flattert. OK, lass uns mal die Reißverschlüsse ganz zuziehen, das nervt ja sonst.. Jaa 😀 kurz darauf fängt es aber so richtig an zu stürmen, unser Vorzelt wird bedenklich ins Hauptzelt reingebogen, da müssen wir das Gestänge mit Kraft festhalten, damit es nicht bricht.. dabei wird uns der Staub ins Zelt und ins Gesicht gewirbelt. Das Zelt steht auch noch komplett falsch herum im Sturm und ist so exta angreifbar.. Gut, es hilft nichts. Klamotten wieder an und raus da.. zum Glück regnet es nicht.. Im wirklich krassesten Sturm drehen wir das Zelt in die richtige Richtung und schnüren es mit allen erdenklichen Kordeln fest.. das dauert und ist nicht allzu einfach.. dann ist es aber geschafft, die Räder legen wir auch hin, versuchen unser Zelt zu entstauben und werfen uns wieder hinein. Der Sturm lässt dann zum Glück auch wieder nach, später in der Nacht regnet es noch.. “Welcome to Kirgistan” ^^.

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Am nächsten Morgen sind die Temperaturen ordentlich gesunken. So zwischen 10 und 15 °C. Im ersten kirgisischen Dorf entdecken wir blaue Wasserpumpen, hier bedienen wir uns auch. Gleich kommen Jungs herbei gelaufen, begrüßen Max mit Handschlag und nehmen ihm das Pumpen mit unsererm Filter ab. Dazu bekommen wir noch Äpfel geschenkt, Super 🙂
(((Seitdem wir zum ersten Mal in Kasachstan waren, filtern wir nun alles Wasser, dass aus irgendwelchen Leitungen kommt, oder wir kaufen uns 5L Kanister. Das Wasserfiltern ruft immer eine leichte Irritation und Interesse bei den Einheimischen hervor, die das Wasser ja einfach so trinken.. Aber wir wollen nun kein Risiko eingehen..)))
Zum Glück haben wir gerade eine Tafel Schokolade gekauft und können einen kleines Gehalt bezahlen 😉 Später am Tag werden wir zum Essen eingeladen und nehmen gerne an. Es gibt Unmengen Schmalzkuchen, dazu Marmelade, Salate mir ordentlich Knofi und Reis und natürlich Tee (endlich wieder Schwarztee :). Die Unterhaltung läuft in Teilen ganz gut. In dieser Region von Kirgistan haben wohl mal viele Deutsche gewohnt, wie uns die Frau des Hauses bterichtet. Das bebilderte Englisch-Schulbuch des Sohnes frischt die Unterhaltung noch ein bisschen auf. Als wir am frühen Abend am Straßenrand halten, pöbelt/schreit ein Typ auf der anderen Straßenseite und kommt zackig auf uns zu. Er macht ganz den Eindruck, als wollte er uns gleich eine Reinhauen.. ich mache schonmal einen Schritt rückwärts und Max streckt seine Hand aus “Hello”. Da geht dem (besoffenen, torkelt) Asi irgendwie merkbar die Luft raus und er motzt noch ein bisschen, zieht dann ab, wobei er mich fast aus dem Weg rammt.. Ich glaube, es war sehr gut, dass Max nicht auf russisch gegrüßt hat.. Glück gehabt. In einem Weidewald schlagen wir unser Zelt auf, wobei 2mal ein Reiter mit 2 Hunden vorbei schaut und dann weiterzieht.

Mittlerweile fahren wir nicht mehr so früh morgens los.. nun ist es ja kühler. Seit gestern geht es stetig aber gemütlich bergauf. Wir frühstücken an einem Fluss in einer kleinen Holzhütte. Als wir fertig sind, kommt eine Family vorbei, die ebenfalls pausieren möchte. Schon haben wir wieder eine Büchse voll Schmalzkuchen in der Hand und machen noch ein Foto. Weiter gehtˋs Richtung Berge. Im letzten Ort kaufen wir nochmal kräftig ein und füllen die Wasservorräte auf, dann gehts in die grünen Berge. Wir fahren bis die Steigung sehr anstrenend wird und lassen uns dann zum Zelten nieder.

Am nächsten Morgen habe ich schon gar keine Lust los zu “fahren”. Es geht anstrengend bergauf. 1000 Höhenmeter in ca. 14 km.. für mich heißt es da mal wieder schieben und ein bisschen strampeln und viele Pause einlegen. Reine “Fahrzeit” sind 3 h, dazu kommen noch diverse Pausen und so sind wir erst 14 Uhr auf der Spitze angekommen. Frisch ist es mal wieder, es gibt ein Gipfel-Snickers und dann folgen 14 km Abfahrt auf ca. 2500m. Unten angekommen sehen wir ein Teehaus. Rein da 🙂 Tee, Gulasch und Manti, danach sind wir wieder hergestellt. Zwei Typen kommen rein, beglupschen uns neugierig, kaufen sich ne Buddel Wodka und laden uns zu sich ein. Das Standardgespräch beginnt, wobei Max wohl 3-4 kleine Gläschen kippt, ich nach dem 2. vehement ablehne und verschont bleibe^^. Der eine quatscht mich etwas aufdringlich voll und so wird es Zeit weiter zu fahren.. Kaum sind wir draußen bei den Rädern, da kommt der nächste Typ vorbei. “Come, come”. Auf der anderen Straßenseite steht ein Van mit offenem Kofferraum, darin Fettgebäck, Wodka und Rindfleisch. Zack haben wir die nächsten Becher in der Hand, diesmal aber 0.2 L Plastikbecher gut 2-3 Fingerbreit voll mit Wodka. Runter damit und zwar nicht in kleinen Schlückchen. Danach wird das Rindfleisch gemampft und dann ein Schluck Fanta getrunken. So steht man da und bräuchte eigentlich 3 Hände, um all die Dinge in der richtigen Reihenfolge zu jonglieren :D. Und dann gibts gleich die nächste Runde, man müsste mit Freunden mindestens 4 Wodka trinken lautet die Erklärung… gut gut nun ist aber Schluss :)! Fotosession und dann fahren wir weiter. Die beiden Typen aus dem Teehaus haben ihre Wodkaflasche geleert und fahren nun per Jeep selber weiter. Wir lassen ihnen mal einen guten Vorsprung..mit gefühlten 2 Promille und echten 30 km/h (bergab-Rückenwind-Kombi) fahren wir beschwingt weiter und schaffen doch noch 67 km insgesamt. Zelten hinter Jurten (runde Zelte) am Fluss. Auf der Strecke stehen überall die Jurten, z.T. mit Solarpanels. Hier wohnen die Hüter der Pferdeherden und produzieren fleißig Küemües (fermentierte Stutenmilch).

Am nächsten Tag geht es erst noch ein paar Kilometer chillig bergab, aber dann wartet der nächste Pass auf uns. Wieder müssen wir auf über 3000m hoch, diesmal aber etwas weniger Höhenmeter als beim ersten Mal, die Steigung ist auch ok, sodass ich den Großteil der Stecke auch strampeln kann.. allerdings fängt es immer mal wieder an zu regnen und wir pellen bestimmt 5 mal die Regenmontur an und dann wieder aus, weil es doch zu warm ist, sobald der Regen aufhört. Beim letzten Mal behalten wir allerdings alles an, es schüttet kräftig und wird richtig kalt. Oben gibt es kein schönes Schild, nur einen garstigen Tunnel aus dem die Abgaswolken wabern. Luft anhalten und durch da. Für LKWs gibt es eine Ampel, so dass immer nur in einer Richtung LKWs durch den Tunnel rauschen. Zum Glück geht es leicht bergab, sodass wir nicht zu tief atmen müssen. Auf der anderen Seite empfängt uns eisiger Regen, von der Tunneldurchquerung haben wir Rußspuren im Gesicht. Es sind wohl 2-3°C, wir sind schon nicht mehr ganz trocken, und nun beginnt die Abfahrt. Die Füße frieren ab, die Hände verkrampfen sich um die Bremsen. Ein Temperatur- und Körpergefühlsmäßiger Tiefpunkt. Allerdings, je tiefer wir kommen (und die Abfahrt scheint kein Ende nehmen zu wollen), wird es ja auch wieder wärmer. Wir hoffen auf ein weiteres Teehaus, aber Pustekuchen. Also werfen wir uns bei nächster Gelgenheit an den Straßenrand und packen den Kocher aus. Tee und Kaffee und die Nudeln von vorgestern aufwärmen, der Regen hat zum Glück wieder aufgehört. Nach der warmen Mahlzeit fühlen wir uns fast wie neu und setzen den bergab Weg durch violette Felsmassive fort. Finden abends einen malerischen Zeltplatz. Sobald wir im Schlafsack liegen glüht der Körper irgendwie nochmal nach, um den Frostschock zu verarbeiten und am nächsten Morgen kann man sich nochmal ne schöne Portion Ruß aus den Augenwinkeln porkeln ^^

Am nächsten Tag herrscht wieder strahlender Sonnenschein und wir fahren die verbleibenden 84 km nach Bischkek. Suchen uns erst ein Café mit WLAN, dann ein Hostel und regenerieren ein bisschen 🙂 Für China müssen wir uns noch einen Plan zurecht legen, die Provinz (Xinjiang), durch die wir als erstes durchmüssten wurde in einen krassen Polizeistaat umgewandelt, für Touristen bedeutet das zwar “nur” tägliche Polizeikontrollen und u.U. Campinverbot und Hotelzwang mit Eskorte, aber auch das muss ja nicht unbedingt sein..

Naja, aber zunächst machen wir uns erstmal auf den Weg zum Issyk-Kul, einem großen See, an dem die world nomad games stattfinden (Max ist da sehr interessiert^^), und dann werden wir uns zum dritten und letzten Mal nach Kasachstan aufmachen 🙂