Wildschweine und Kirschlikör

Am nächsten morgen fahren wir gegen 9 Uhr wieder los. Frühstück gibt’s nach ca. 10 km direkt an der Donau. Gerade als wir wieder losfahren wollen kommt eine Radwander-Familie vorbei, um ebenfalls Pause zu machen. Die beiden kommen “aus Katalonien” und sind mit ihren beiden Kindern seit einigen Monaten auf Tour durch Europa..Beeindruckend wie ich finde 🙂 Während der Fahrt werden wir ständig von kleinen Bienen angeflogen, die auf uns landen und gelbe Pollen-Punkte hinterlassen.

Als sich der Donauradweg der serbischen Grenze nähert, stehen auf einmal im Abstand von ca. 100m überall ungarische Soldaten komplett bewaffnet am Wegesrand. An manchen Stellen wurden dazu sogar Zelte aufgeschlagen.. für mind. 7 km Kilometer ist es eher ein mulmiges Fahren. Dann kommen wir in der Grenzstadt Hercegszanto an, hier herrscht irgendwie eine komische Stimmung. Wir mampfen erstmal Pommes und Salat und Krautsalat, dann machen wir uns auf zur Grenze. Der Übergang kein Problem, von serbischer Seite sieht Ungarn nicht eben einladend aus.

Weiter geht’s nun durch Serbien. Endlich können wir nun unsere hart erlernten Kyrillisch-Kenntnisse anwenden 🙂 An der Donau wollen wir einen Platz zum Wildcampen finden.. Kurz vor der Abbiegung ins Donau-Gebiet sehe ich meine erste freie Wildschweinfamilie im Wald verschwinden.. Aha .. Nun führt der Weg parallel zur Donau auf einem erhöhten Damm, links wilder Wald, rechts Sumpf/Donau. Sobald man mit den Rädern stehen bleibt hört man links im Wald die Schweine grunzen und planschen. Es wird später und später uns so langsam beginnt es zu dämmern..Wir gehen mal kurz vom Damm runter, um eine potentielle Stelle zum Campen zu inspizieren. Fehlanzeige, viele Wildschweinspuren überall. Als wir
die Räder wieder den Damm hochschieben stehen auf der anderen Seite bereits Hirsche und ein Wildschwein und irgendwie merken wir, dass dies wohl eher nichts wird mit Campen.

Leider sind wir aber auch mind. eine Stunde in das Gebiet reingefahren und eine Straße ist auch mehr als 10 km entfernt. Hmm.. wir fahren erstmal weiter, hilft ja nichts.. kurz vor der Dunkelheit sehen wir rechts eine eher gruselig wirkende Häusersammlung (etwas heruntergekommen und eher versteckt), man hört Männer laut reden/grölen.. Unschlüssig stehen wir an der Weggabelung. Hingehen? Weiterfahren? Während wir noch nachdenken fängt es plötzlich an, um uns herum zu heulen, aus verschiedenen Richtungen. Wölfe??? Wie?? (Nein, Schakale, aber Wölfe erschienen uns auf einmal wahrscheinlich ^^)
Egal.. jetzt hin da zu den Gruselbaracken. Max fragt, ob wir ein Zelt aufbauen können. Sie sagen ja, dann schließen sie eins der Häuser auf, zwei Zimmer mit modrigen Sofas und Spinnen, aber besser, als bei den Wildschweinen zu liegen. Während wir draußen noch ein bisschen Essen kommt ein Wildschwein sogar bis in das Lager gelaufen und wird von den Hunden wieder vertrieben. Die Männer wollen 10€ für die Übernachtung.. da haben wir ja nun keinen große Wahl und zahlen in Forint. Die Situation ist schwer einzuschätzen und ich finde das alles sehr unheimlich. Im Zimmer verammeln wir die Tür mit einem Tisch und bauen in der Mitte erstmal unser Innenzelt auf.. 79 km.

Ich schicke Valerie noch eine SMS mit unseren GPS-Koordinaten und dann schlafen wir mehr (Max) oder weniger (Ich) gut ^^ Am nächsten Morgen bekommen wir noch einen Kaffee, unterhalten uns mit dem Betreiber des Jagdcamps via google translate und Handzeichen. Schon um 8 Uhr fahren wir weiter in einen klaren Morgen 🙂

Der Weg am nächsten Tag ist sehr abwechslungsreich. Am Anfang schlängelt sich der Radweg an Obstbaumwiesen und kleinen Feldern mit vielen Löwenzahnblüten entlang, später fahren wir sehr viel an schier endlos scheinenden Feldern entlang und gegen Nachmittag sind wir wieder nah an der Donau, links Wald und rechts ein Sumpfgebiet mit sehr schönen Bäumen. Dank Gegenwind bekommen wir ein paar Wildschweine mit Babies vor die Linse, Fischreiher und Schwäne. An einer Stelle knackt es von links sehr laut und auf einmal kommt eine Herde Rehe aus dem Wald galoppiert und quert einmal den Damm auf dem wir fahren/nun stehen. Sehr schön 🙂

Abends geht dann die Suche nach einem Campingplatz o.ä. los.. Nachdem uns das bombige GPS-Gerät ein “Camp Strand” versprochen hatte, dass sich dann als Zigeuner Camp herausstellt (Verfallene Häuser, alle mit Satelliten-Schüssel, freilaufende Schweine, dazwischen Kinder und ein Zigeuner-Pärchen, dass uns auf unserer Rein- und Rausfahrt irgendwas zuruft, wir lächeln und winken :D), fahren wir noch über die Grenze nach Kroatien. In Erdut treffen wir eine wirklich nette Gasthausbetreiberin, die uns erstmal selbstgemachten Kirschlikör und Rakija (Pflaumenschnaps) serviert und dann bei einer Freundin anruft, damit wir bei ihr in der Pension übernachten können.Wir fragen, ob wir auch mit serbischem Geld bezahlen könnnen. “No problem. We are flexible, this is Balkan”. Wir können morgen
gerne auf einen Kaffee wiederkommen. 73 km.

Am nächsten Morgen schauen wir nochmal bei ihr vorbei und frühstücken bei ihr. Sie tafelt ordentlich auf, alles selbstgemacht. Rührei, Ajvar, Salami, Schinken, krosse Schweinefettstückchen (eine Spezialität der Region) Marillenmarmelade und Brot. Das Angebot von Kirschlikör vor dem Frühstück lehnend wir dankend ab 😉 Das Essen hält uns bis 7 Uhr abends satt 🙂 “Just leave a small Bakshish, you know, the minimum amount, I don’t set a price”. Gegen 11:30 machen wir uns wieder auf den Weg. Fahren durch Vukovar, hier sieht man viele zerbombte Häuser oder Fassaden mit Einschusslöchern.

Heut ist nicht so unser Radfahrtag und nach 50km suchen wir uns einen schönen Platz zum Wildcampen, sogar mit Erlaubnis des Landbesitzers, der gerade vorbeikam und uns vor Zecken gewarnt hat 🙂

Wildcamping 2.0 😉

11 Replies to “Wildschweine und Kirschlikör”

  1. Spinnen, muffige Möbel, grölende Männer, das Zelt zwischen 2 Sofa, Wildschweine, Wölfe…..
    Oma würde sagen:”Wenn das mal gut geht…….!?
    Erfreulicherweise sieht der nächste Tag schon ganz anders aus.Aber schon wieder Schnaps, und dann am Morgen? Diese Balkanesen, ne ne ne.

  2. Hi there!!! It’s so nice to read your lovely blog and see that we share some beautiful landscapes… Best wishes and may tailwinds be with you!!!! Esther and Jordi, the Catalan family ; )

  3. Hey Vanessa und Max, ich glaube ich könnte durch diese Gegend, nur mit ordentlich “Betankung“ durchradeln …ich renne schon bei Spinnen und bei Wildschweinen würde ich wahrscheinlich durchdrehen.
    habt ihr da gar keinen Schiss?:D ansonsten tolle Bilder, spannende Schreibweise ..Macht immer Spaß..Hoffe euch gehts gut, – ihr seht auf alle Fälle frisch aus!:) ich wünsche euch weniger Schweine und weiterhin gute Gastfreundschaft! (selbst beim blog bleibt mir das Rechnen wohl nicht erspart:D)

  4. Hallo ihr beiden….

    wahnsinn, was ihr in dieser kurzen Zeit schon an Weg zurückgelegt und erlebt habt. Ich finde es klasse, wie ihr uns an eurer Reise teilhaben lasst. Es ist sehr spannend euch zu verfolgen und ich freu mich schon auf die nächste tolle Story :-)….

    bis dahin alles Gute und viel Erfolg und ganz liebe Grüße

    Tina S.

  5. Heeeeyyyyyy ihr Lieben =)
    Es macht unglaublich Spaß von euren Abenteuern zu lesen! Ich drücke euch ganz fest die Daumen, dass möglichst alles weiterhin so ‘problemlos’ läuft (bis auf die Zankerei und gelegentliche Begegnungen mit wilden, blutrünstigen Tieren :P)!

    Riesen Respekt hab ich auf jeden Fall schon mal vor der Entscheidung, die ihr getroffen habt, und wie ihr zusammen diese Reise meistert 🙂

    Ich freu mich auf den nächsten Bericht und wünsche euch immer genug Luft in den Reifen!

    GLG

    Felix von BioChem 😀

  6. Noch mal ich,…
    ein Abenteuer nach dem nächsten, Wildschweine, Wölfe,…klingt echt super aufregend! und da ist man dann doch immer froh wenn man nicht allein unterwegs ist.
    Wie nett dass der Landbesitzer euch auch noch auf die Zecken aufmerksam macht…seid ihr denn soweit davon noch verschont geblieben, oder sind schon die ein oder anderen Wehwehchen zu vermelden?

    Liebe Grüße

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